Zum Hintergrund
Laut Angaben der DKG nehmen derzeit etwa 335 der rund 1.900 Krankenhäuser in Deutschland gemäß §§ 136c Abs. 4 SGB V nicht an dem System der gestuften Notfallversorgung teil. Sie müssen daher gem. 17b Abs. 1a Nr. 1 KHG von jeder Abrechnung mit den gesetzlichen und privaten Krankenkassen pauschal 60 Euro abziehen. Etwa 18 Kliniken hatten bereits vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hiergegen geklagt. Vier dieser Verfahren wurden vom LSG als Musterverfahren entschieden. Dabei wurden die Klagen abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Allein die Stiftung Augenklinik Herzog Carl Theodor beantragte zunächst die Zulassung der Revision und betrieb dann das Revisionsverfahren. Bei dem klagenden Krankenhaus handelt es sich um eine Belegarztklinik mit aktuell über 20 Belegärzten. Die anwaltliche Vertretung in diesem Verfahren erfolgte in allen Instanzen durch die Kanzlei Dombert & Dombert in Potsdam. Jene habe, so Jens Wernick, „hervorragende Arbeit geleistet“.
G-BA muss nachjustieren
In seinem jetzigen Urteil bestätigte das BSG zwar das vom G-BA beschlossene Notfallstufen-System für die Krankenhausversorgung als verfassungsgemäß. Der G-BA wurde jedoch verpflichtet, eine eigenständige Stufe der Nichtteilnahme im Notfallstufensystem zu definieren, deren Kriterien einen verminderten Versorgungsaufwand belegen und damit Abschläge nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz rechtfertigen.
Praktisch relevante Auswirkungen
Rechtsanwalt Jens Wernick unterstreicht, das Urteil habe unmittelbare Auswirkungen nicht nur für die klagende Klinik, sondern für alle Kliniken. Er rät: „Kliniken, die ihre Budgetvereinbarung für 2025 bereits abgeschlossen und die Nichtteilnahme – ohne Vorbehalt für das damals noch anhängige Revisionsverfahren – bereits akzeptiert haben, sollten unbedingt nachverhandeln, um dies zu korrigieren. In anstehenden und bereits laufenden Budgetverhandlungen sollte nicht mehr die Stufe der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung vereinbart werden. Eine Rechtsgrundlage dafür sowie für die Erhebung von Abschlägen auf die laufenden Krankenhausrechnungen existiert jedenfalls seit dem 02.04.2025 nicht mehr.“ Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Krankenkassen dies nicht ohne weiteres akzeptieren würden und mindestens das Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung abwarten wollten. „In diesem Fall sollte man versuchen, eine Vereinbarung darüber zutreffen, dass etwaige Abschläge nur unter dem Vorbehalt einer späteren Nachzahlung vorgenommen werden.“ Dies werde möglicherweise nicht von jeder Krankenkasse zu erwirken sein, „insbesondere nicht von denjenigen, die nur einen geringen Belegungsanteil haben.“ Vermieden werden sollte eine Diskussion darüber, ob eine entsprechende Regelung in der Budgetvereinbarung für solche Krankenkassen bindend sind, die nicht an den Verhandlungen beteiligt sind. Wernick: „Insofern werden sich möglicherweise in Einzelfällen Zahlungsklagen zum Sozialgericht nicht vermeiden lassen.“
Fazit und Ausblick
Es bleibe abzuwarten, wie der G-BA mit der Herausforderung, eine eigenständige Stufe der Nichtteilnahme als Abschlagsstufe festzulegen, umgehen werde, so Wernick. Bis dahin bleibe es seines Erachtens dabei, dass so lange keine Abschläge erhoben werden können. Er lobt das Urteil: „Das BSG hat zutreffend erkannt, dass § 136c Abs. 4 SGB V allein entgeltliche Relevanz hat. Mit anderen Worten: es handelt sich um ein gigantisches Geldumverteilungssystem. Der Hinweis auf das Thema `Qualitätssicherung´ war offensichtlich nur ein Vorwand. Leidtragende waren hochspezialisierte Fachkliniken und Belegarztkrankenhäuser, die die Anforderungen des G-BA nicht erfüllen konnten. Solche Konstrukte sind leistungsfeindlich, setzen sich dem Verdacht der Willkür aus und sollten daher in Zukunft unbedingt vermieden werden.“
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