Ein anderes Thema, ebenfalls mit stummen Fundstücken, lässt Erik Sturm seit nunmehr zwei Jahrzehnten nicht los: Werbung auf Plakaten. Genauer gesagt, auf der Litfaßsäule, dem Medium, das im kommenden Jahr seinen 170. Geburtstag begeht. „Plakatholz“ nennt Sturm die viele Zentimeter dicken Schichten, die als „Mantel“ rund um die Säule über die Jahre Werbe- und Zeitgeschichte schreiben. Sie sind ein eher seltenes Phänomen, da die klassischen Litfaßsäulen normalerweise regelmäßig abgetragen („geschält“) werden.
Aber es gibt sie noch, diese Fundstücke. Eine Stuttgarter Säule beispielsweise, die Erik Sturm als Materialsammlung für seine Kunstwerke genutzt hat, wurde fast zwei Jahrzehnte regelmäßig beklebt. Dadurch konnten sich die Plakate sieben Zentimeter stark sedimentieren, wobei schätzungsweise 500 Plakate übereinander geklebt wurden. Durch die Lösung der Schichten entstand eine Art Chronik mit Stuttgart-relevanten Inhalten. Die voneinander abgelösten Einzelplakate stellen eine Art Ablagerung von Zeit und Information dar. „Sie erscheinen wie eine Art Seismograph, der die Mythologien, Moden und Themen der jeweiligen Gegenwart speichert, soziokulturelle Wandlungsprozesse widerspiegelt und damit Stadtgeschichte sichtbar macht,” sagt Erik Sturm.
„In der Werbung unserer Tage werden zukünftige Archäologen ein lebendiges Zeugnis unserer Zeit finden,” schrieb der kanadische Philosoph Marshall McLuhan (berühmt durch das Zitat „The medium is the message.”). Erik Sturms Litfaßsäulen-Werke bestätigen McLuhans These. Bevor sich der Künstler mit dem Thema beschäftigte, war das Material ein namenloser Werkstoff, eigentlich ein Abfallprodukt, dessen Substanz starke Analogien zu Holz aufweist. So entstand der Begriff „Plakatholz” – eine gleichnamige Skulptur Sturms zeigt Plakatschichten einer Litfaßsäule, die zwischen 1979 und 2012 als Werbeträger im Einsatz war.
„Werbegrabungen“ als Refurbishment der besonderen Art – der vollständige Beitrag hier aktuellen OOH! Magazin: https://www.ooh-magazin.de/…
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