Betriebe in der Hauptstadtregion setzen auf Erholung bis Ende 2023

Die Wirtschaft in Berlin und Brandenburg sieht sich in einer schwierigen Lage. Für den Rest des Jahres erwarten die Unternehmen zwar eine leichte konjunkturelle Besserung, einen echten Aufschwung sehen sie aber nicht. Das ist das Ergebnis der traditionellen Konjunkturumfrage der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. „Die teure Energie, die gestiegenen Preise, die Lieferschwierigkeiten und die geopolitische Unsicherheit sind ein schwer verdaulicher Cocktail für viele Betriebe“, befand UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck.

CDU und SPD müssten der Situation bei ihren Koalitionsverhandlungen Rechnung tragen. „Wir erwarten, dass die zukünftigen Partner die Weichen für eine starke Wirtschaft stellen. Dann wird Berlin als starke Stadt mit den Herausforderungen umso besser fertig.“
Für die Konjunkturumfrage hat die Spitzenorganisation ihre 60 Mitgliedsverbände zu deren aktuellen Einschätzungen und den Erwartungen für den Jahresverlauf befragt. Dabei zeigte sich ein gespaltenes Bild: Viele Branchen in der Industrie klagen über hohe Preise für Strom und Gas, insbesondere die Chemie sowie die Papier und die Kunststoff verarbeitende Industrie. Andere Branchen wie die Pharma- oder die Metall- und Elektroindustrie berichteten dagegen von einer überwiegend guten Situation und ansprechenden Aussichten für 2023.

Bau, Handwerk und Handel kämpfen mit gestiegenen Preisen

Auf dem Bau und im Handwerk ist die Geschäftslage eingetrübt. Hohe Preise, Materialknappheit und weniger Aufträge belasten die Aussichten. Im Dienstleistungssektor stechen Hotels und Gastronomie heraus, wo sich das Geschäft nach der Pandemie erholt und Aufwärtspotenzial hat. Auch die in Berlin starke Startup- und Digitalwirtschaft blickt zuversichtlich auf die nächsten Monate. Den Handel belasten hohe Preise und die Kaufzurückhaltung. Die Gesundheitsbranche leidet unter fehlender Planungssicherheit mit Blick auf die Politik.
Die Unternehmensverbände erwarten angesichts der Umfrage-Ergebnisse keinen starken Aufschwung. Mit einem Plus bei der Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent in Berlin und um 1,0 Prozent in Brandenburg hob die Organisation indes ihre Prognose für 2023 leicht an. Hauptgeschäftsführer Amsinck sieht viel Verantwortung bei den potenziellen Partnern im neuen Senat. „Bis zu zehn Milliarden Euro für den Klimaschutz bereit zu stellen, ist ein Ausrufezeichen. CDU und SPD können damit einen echten zusätzlichen Wachstumsimpuls setzen.“
Dazu müsse das Geld auch in die Transformation der Wirtschaft fließen. Amsinck schlug vor, die Umstellung auf erneuerbare Energien und auf eine klimaschonende Produktion in der Industrie stärker zu fördern. Dazu gehöre der Einsatz digitaler Technologien wie künstliche Intelligenz oder 3D-Druck für eine ressourcenschonende Fertigung in der Stadt. „Unsere Unternehmen sind längst auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Mit dem angekündigten Programm für zusätzlichen Klimaschutz könnten die Firmen noch mehr erreichen.“
Zusätzlich brauche die Hauptstadt einen starken Aufschlag in der Industriepolitik. „Eine leistungsfähigere digitale Infrastruktur, einen besserer Technologietransfer gerade für Mittelständler und eine engere Abstimmung mit Brandenburg stehen für uns ganz oben“, erklärte die UVB. Hinzukommen müssten rasche Fortschritte beim Wohnungsbau, die Modernisierung der Verwaltung und eine Bürokratiebremse.

Um die Startchancen junger Leute zu verbessern, seien zudem spürbare Fortschritte in der Bildungspolitik nötig. Amsinck warnte CDU und SPD davor, eine Ausbildungsplatzabgabe einzuführen. „Das Kernproblem in Berlin ist, dass die jungen Menschen oft schlechte Startvoraussetzungen haben. Hier muss man ansetzen, statt Firmen, die keine Auszubildenden finden, auch noch mit Strafen zu belegen.“

Klima-Volksentscheid technisch, finanziell und politisch nicht machbar

Die Unternehmensverbände bekräftigten ihre Ablehnung des Klima-Volksentscheids am kommenden Sontag. „Die Klimaneutralität bis 2030 ist eine Illusion. Sie ist weder technisch noch finanziell noch politisch erreichbar“, sagte Amsinck.
In puncto Technik fehlten die Möglichkeiten, das Wärmesystem, die Stromerzeugung und den Verkehr binnen sechseinhalb Jahren zu dekarbonisieren. Finanziell könne Berlin die nötigen Investitionen und Förderprogramme aus eigener Kraft nicht annähernd bereitstellen. Und politisch scheitere das 2030er-Ziel daran, dass die Hoheit über viele notwendige Gesetze und Regeln beim Bund und bei der EU liege. „Es wird über ein Gesetz abgestimmt, das faktisch nicht umsetzbar ist und Berlin schadet“, sagte Amsinck. „Eine Konzentration auf das Machbare mit der Förderung von klimaschonenden Technologien und Innovationen ist aus unserer Sicht der klügere Weg.“

Über Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. (UVB)

Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) sind die Stimme der Wirtschaft in der Hauptstadtregi-on. Wir stehen für 60 Mitgliedsverbände aus allen wichtigen Branchen, von der Autoindustrie bis zur Startup-Branche. Als Landesvereinigung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und Lan-desvertretung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) setzen wir uns für die Belange der regiona-len Wirtschaft auf Bundesebene ein. Unser ordnungspolitisches Leitbild ist die Soziale Marktwirtschaft mit einem funktionierenden Wettbewerb. Für uns sind unternehmerische Freiheit, ökonomische Leistungsfähigkeit und Verantwortung für das Gemeinwohl untrennbar miteinander verbunden.

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