Eingeliefert wird er in das Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum. In der Rettungsstelle wird er vom Team der Neurologie übernommen. Aufgrund der Symptomatik wird von einem Schlaganfall ausgegangen und eine Computertomografie des Kopfes und der hirnversorgenden Arterien initiiert. Nach Auswertung der Untersuchung bestätigt sich der Verdacht: ein kurzstreckiger thrombotischer Verschluss der Hauptschlagader des Hirnstamms wird erkannt. Alexej Heß wird nach Behandlung mit einem blutgerinnselauflösenden Medikament umgehend operiert.
„Aufgrund der Wichtigkeit der betroffenen Arterie für die Funktionen des Hirnstamms, wie Atemfunktion, autonome Funktionen, Augenbewegung oder Schlucken, erfolgt ein solcher Eingriff grundsätzlich in Intubationsnarkose“, erläutert Dr. Stefan Kliesch, Chefarzt Diagnostische & Interventionelle Neuroradiologie am CTK. „In einem minimalinvasiven Eingriff führen wir dabei einen sehr flexiblen Katheter von der Leistenarterie ein und navigieren ihn über einen dünnen Draht bis unmittelbar vor den Thrombus in der verschlossenen Hirnarterie“, so Dr. Kliesch. Bei Herrn Heß konnte der Thrombus im ersten Versuch direkt und vollständig abgesaugt werden, sodass der Eingriff keine fünf Minuten nach Punktion der Leistenarterie bereits erfolgreich beendet war“, erläutert der Chefarzt.
Nach dem Eingriff wird Alexej Heß zur weiteren Überwachung beziehungsweise Behandlung und Ursachenforschung auf die Stroke Unit des Klinikums verbracht. „Diese hochspezialisierte interventionelle Behandlung des Schlaganfalls kann nur in optimaler Zusammenarbeit von Neurologie, Anästhesie und Neuroradiologie erfolgen“, ergänzt Dr. Antje Herwig, leitende Oberärztin der Klinik für Neurologie. Bereits am Abend stellten die betreuenden Ärzte der Stroke Unit nur noch geringe Restbeschwerden beim Patienten fest. Der bestätigt später: „Sprach- und Lauffähigkeit sind bereits wenige Stunden danach wieder zurückgekommen“, sagt Heß. „Diesen Verlauf wünschen sich die behandelnden Ärzte, denn er zeigt, dass der Eingriff erfolgreich war und das mit Blut unterversorgte Hirngewebe gerettet werden konnte, bevor sich irreversible Schädigungen entwickeln können“, sagt Dr. Stefan Kliesch. Das hierfür zur Verfügung stehende Zeitfenster betrage meist nur Minuten bis wenige Stunden. Häufig tragen Schlaganfallpatienten Schäden davon und können nur sehr langsam ihre volle Funktionstüchtigkeit zurückerlangen.
Bleibt die Frage, warum ein so junger Mensch überhaupt einen Schlaganfall bekommen kann. Das zunächst vermutete Loch im Herzen hat sich nicht bestätigt. „Vielmehr könnte eine Veränderung an einer Herzklappe zum Blutgerinnsel geführt haben“, sagt Dr. Antje Herwig. Die weitere Therapie wird in enger Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen der Kardiologie im Heart-Brain-Team besprochen und festgelegt.
„Herr Heß wird bald wieder ein völlig normales Leben führen können“, heißt es aus dem Klinikum. Der fühlt sich nach der Behandlung wie neugeboren, sagt er stolz. „Ich bin vollkommen erleichtert. Gott sei Dank kann ich ohne Einschränkungen weiterleben.“ Im nächsten Jahr wird Alexej Heß Vater.
Hintergrund
Der Schlaganfall ist für gewöhnlich eine Erkrankung des älteren Menschen und dabei die häufigste Ursache für eine dauerhafte Behinderung mit Pflegebedürftigkeit. Bei diesem jungen Alter des Patienten ist eine solche Erkrankung eine absolute Rarität. Tatsächlich ist Alexej Heß der bisher jüngste Patient, der mit einem solchen Kathetereingriff am CTK behandelt wurde.
Im Jahr 2022 waren circa 3,5 Prozent der in der Neurologie vom CTK behandelten Schlaganfallpatienten jünger als 45 Jahre. Deutschlandweit verhält es sich in ähnlicher Größenordnung. Pro Jahr werden im CTK etwa 1100 Schlaganfallpatienten behandelt, die sowohl aus Cottbus und dem Cottbuser Umland kommen. In dieser Zahl sind auch die etwa 30 bis 40 Patienten enthalten, die über das Überregionale Neurovaskuläre Netzwerk „SOS-NET“ aus Ostsachsen und Südbrandenburg zur speziellen akuten interventionellen Schlaganfallbehandlung ins CTK verlegt werden.
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