Steuerzahler finanzieren fragwürdige Imagekampagne der Luftfahrtindustrie: Alte A320 erhält neue Lackierung mit Aufschrift „Zero Emission Aviation“
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Mittwoch, Feb. 5, 2025
Am neu lackierten Airbus A320 ist ein QR-Code angebracht, der auf https://lufthansa-technik-broadcast.com führt. Dort erfährt man in einer Broschüre nicht viel darüber, auf welchem Weg die Partner zu "Zero Emission" gelangen wollen. Mit der Aussage in der Broschüre: "Eine ehrgeizige Vision zeichnet sich am Horizont ab: Wasserstoff könnte[!] einen klimaneutralen Flugbetrieb möglich machen" rudert Lufthansa zurück und versucht sich wieder zurück auf rechtssicheren Boden zu bewegen.
Zur zeitlichen Einordnung wird berichtet: "Bis 2035 will Airbus sogar schon die erste Maschine auf den Markt bringen." Was jemand heute will und 2035 macht, ist natürlich zweierlei.
Es wird in der Broschüre von Lufthansa dazu nicht berichtet, dass der Wasserstoff dann in Strahltriebwerken verbrannt werden wird (mit entsprechenden Konsequenzen für die Erderwärmung), denn anders wäre der beschworene Eintritt der neuen Technologie bis 2035 nicht zu schaffen.
Dass der Airbus Zeitplan "2035" ebenfalls nur eine PR-Aussage ist, bleibt auch unerwähnt.
Lufthansa erklärt zum Projekt weiter:
"Auf dem Weg vom Kerosin zum Wasserstoff gilt es aber, noch einige Lösungen zu finden.
Die drei wichtigsten Herausforderungen für den Einsatz von Wasserstoff im Flugverkehr sind:
Bei genauem Lesen wird deutlich, dass die Partner des Reallabors gedanklich offenbar noch weit am Anfang stehen.
Verglichen werden darf mit den Forschungsergebnissen der HAW Hamburg:
Technische Details dazu im Vortrag: "Design of Hydrogen Passenger Aircraft – How much ‚Zero-Emission‘ is Possible?"
Das sind die teilweise auch unbequemen Wahrheiten, die angesprochen werden müssen. Mit wissenschaftlich unhaltbaren Aussagen wie "Zero Emission" kann man bestenfalls eine fragwürdige Imagekampagne auflegen, wissenschaftlich überzeugend ist das nicht. Es wird sich bald zeigen, wie weit die Versprechen hinter der Wirklichkeit zurück bleiben.
Senator Michael Westhagemann sagte am 28.10.2022: "Es geht uns um zwei strategische Ziele: den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Hamburg und die Dekarbonisierung der Mobilitätsbranchen. Wir freuen uns sehr, dieses weltweit einzigartige Projekt durch den Sonderfonds Luftfahrt ermöglichen zu können."
Es reicht Senator Westhagemann also, wenn CO2 vermieden wird. Andere Treibhausgase oder die insgesamt wärmende Wirkung von Kondensstreifen und -zirren sind nicht in seinem Fokus. Zu sagen, dass Wasserstoff CO2 vermeidet ist korrekt und ehrlich, aber ein Widerspruch zur Inszenierung von "Zero Emission". Evtl. hat der Senator auch nur die Begriffe "dekarbonisiert" und "emissionsfrei" verwechselt. In der Luftfahrt macht das einen großer Unterschied. Selbst über einen langen Zeitraum betrachtet dominieren die Nicht-CO2-Effekte die Klimawirkung der Luftfahrt.
Parallel zu den Forschungsarbeiten mit der echten Hardware soll für das Hydrogen Aviation Lab auch ein sogenannter Digitaler Zwilling des Airbus A320 erzeugt werden. Mithilfe von Simulationen könnten die Wissenschaftler:innen dann auch Methoden der sogenannten Predictive Maintenance, also der vorausschauenden Instandhaltung, für die Systeme und Bestandteile zukünftiger Flugzeuggenerationen entwickeln und erproben. Dies ist an der HAW Hamburg nicht neu. Eine kooperative Promotion lieferte bereits im Jahr 2019 entsprechende Ergebnisse.
Die Argumente noch einmal zusammengetragen und abgerundet dargestellt:
Die Behörde für Wirtschaft und Innovation Hamburg twitterte am 28.10.2022 zum Airbus A320 Reallabor: "Starkes Projekt!". Was ist der Maßstab? Bitte etwas mehr Bescheidenheit und Realismus: Die Tupolev Tu-155 der Sowjetunion flog als Experimentalflugzeug mit einem Wasserstofftriebwerk bereits am 15. April 1988 und absolvierte danach 100 erfolgreiche Flüge. Das war 85 Jahre nach den Hüpfern der ersten Motorflugzeuge. Von der Tu-155 bis zum Beginn des nicht einmal fliegenden A320 Reallabors wurden jetzt weitere 34 Jahre benötigt. 34 Jahre, um weniger zu erreichen als der Vergleichsmaßstab in Sachen Wasserstoffflugzeug.
Aircraft Design and Systems Group (AERO) ist die Forschungsgruppe für Flugzeugentwurf und Flugzeugsysteme im Department Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau der HAW Hamburg. AERO führt wissenschaftliche Mitarbeiter zur kooperativen Promotion und bearbeitet Projekte aus Forschung, Entwicklung und Lehre.
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